Page 41 - Gehaltvoll Nr. 2.1
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Eine nette Geschichte:
Der Stuhl
Mein Gast kam pünktlich, Fragen die gleiche Sicherheit ver- te, seine Argumente mit einer
fünf Minuten nach der verein- mittelten wie die vermeintlichen Handbewegung wegzuwischen,
barten Zeit. Er wusste, was sich Antworten. fuhr er fort, dass man es ja wirk- 8
gehörte. Fragen als Sicherheiten, als Bau- lich nicht wissen könne, auch
Das war mir durchaus aufgefal- steine, als Handschlag, als Lä- ich nicht, denn wahrscheinlich
len, seine Höflichkeit, anders als cheln, als Dank. habe ich einige Zeit schon nicht
gewohnt und doch wie gewohnt. Ich musste ihn einladen. mehr darauf gesessen.
Das hatte mich von Anfang an
auf ihn aufmerksam werden las- Und nun betrat er mein Wohn- Was ging hier vor, fragte ich
sen, alles korrekt und doch frei zimmer. Der Tisch war zum Tee mich, denn ich war selbst über-
von Zwang. Genau, das war es, gedeckt. Ich setzte mich und lud rascht. Eines war mir klar, dass
was mich angesprochen hatte, ihn ebenfalls ein, Platz zu neh- es ihm ernst war, und keinen
was ich vielleicht noch nie so men. Augenblick zweifelte ich, dass er
konkret erlebt hatte, dass alles Als ich wieder aufblickte, sah ich nicht mehr richtig im Kopf sein
passte, stimmig, angekommen. ihn zögerlich herumstehen. könne.
Ich zögere, diese Worte treffen Warum er nicht Platz nehme,
doch nicht, es muss noch besser fuhr es mir heraus. Er sei unsi- Weiter hier…
in Worte zu fassen sein. Vielleicht cher, weil er nicht wisse, ob der
so: Er stellte alle Dinge auf den Stuhl ihn tragen würde. Erstaunt
Kopf, bis sie passten. schwieg ich.
Nein, jetzt habe ich es: Jede Er könne ja angesägt sein, und,
Frage, die die Augenblicke stel- als er meinen überraschten Aus-
len, beantwortete er mit neuen druck sah, fügte er noch hinzu,
Fragen und so fort, bis, - ja so oder zu alt, morsch?
könnte man es sagen -, bis diese Gerade als ich ansetzen woll-
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